Der Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen wird jährlich genutzt, um mit verschiedenen Aktionen auf das leider noch immer aktuelle Problem aufmerksam zu machen.
Dr. Gunnar Schellenberger hat auch 2023 die Schirmherrschaft übernommen und machte in seinen Grußworten deutlich, dass die Gedenkstunde aktueller denn je ist. „Betroffene dürfen nicht allein gelassen werden“, so der Landtagspräsident wörtlich. Mit seinen Worten hob er auch das starke Engagement des Landesfrauenrates hervor, der sich für ein Leben ohne Gewalt in Sachsen-Anhalt einsetzt.
Schellenberger ging auch auf die Zahlen des LKA ein. So wurden 2023 insgesamt 7.122 Fälle registriert, ein Jahr zuvor waren es 6.473. 80 Prozent der Opfer sind Frauen und mehr als 75 Prozent der Tatverdächtigen Männer.
Michelle Angeli, Vorsitzende des Landesfrauenrates Sachsen-Anhalt e.V., berichtete in ihrer Rede, dass viele Frauen schweigen, um nicht zu hören: „Stell Dich nicht so an“. „Ich möchte betroffene Frauen, die von häuslicher Gewalt bedroht sind, ermutigen, die Hilfsangebote bei Organisationen, im Frauenhaus oder am Hilfetelefon zu nutzen“, sagte die Vorsitzende.
Das Hilfetelefon 0800-116016 ist 365 Tage im Jahr, 24 Stunden am Tag kostenfrei erreichbar. Es berät Betroffene, informiert und ermittelt bei Bedarf an geeignete Unterstützungseinrichtungen vor Ort. Mit Hilfe von Dolmetscherinnen ist eine Beratung in vielen Sprachen möglich.
Ines Hattermann, von Wildwasser Magdeburg e.V., zeigte an Hand einer Präsentation das Thema „Sexualisierte Gewalt an Frauen“ auf.
„Weltweit ist die Gewalt an Frauen die häufigste Menschenrechtsverletzung“, weiß Monika Lück, Landesfrauensprecherin der SoVD Landesverbandes Mitteldeutschland, „diese Situation prägt den Alltag vieler Frauen in Deutschland und weltweit. Dabei zeigt sich die Gewalt in verschiedenen Formen, wie häusliche Gewalt, sexualisierte Gewalt, sexuale Ausbeutung, Zwangsverheiratung und Genitalverstümmelung. Und nicht zu vergessen, auch psychische Gewalt, Stalking, ökonomische Abhängigkeit und rassistische Formen von Gewalt hinterlassen schwerwiegende Spuren und richten unermesslichen Schaden an.“
Im Anschluss an die Reden im Landtag wurden 133 Kerzen für die Opfer von häuslicher Gewalt entzündet, denn 2022 wurden 133 Frauen durch ihren Partner bzw. Ex-Partner getötet. Jeden Tag gibt es in Deutschland einen polizeilich registrierten Tötungsversuch an einer Frau und von den im Jahr 2022 insgesamt erfassten 157.818 Opfern vollendeter und versuchter Delikte der Partnerschaftsgewalt waren 126.349 Frauen, das sind 80,1 Prozent.
Trotz Schneeregens waren zahlreiche Frauen, Männer und Kinder vor die Bäckerei im Magdeburger Breiten Weg gekommen, um mit ihrer Teilnahme darauf aufmerksam zu machen, dass an jedem 3. Tag eine Frau von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet und alle 45 Minuten eine Frau Opfer von gefährlicher Körperverletzung durch den Partner wird. „Die Zahlen sind also weiterhin auf einem alarmierenden und erschreckenden Niveau“, betonte die Oberbürgermeisterin Simone Borris und ergänzte, dass es sich dabei nur um polizeilich erfasste Fälle handelt. Daher wird von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen, da viele Frauen ihren Partner oder Ex-Partner nicht anzeigen oder die Polizei nicht informiert wird. „Mit der Gemeinschaftsaktion wollen wir einen Beitrag leisten und auf die Gewalt gegen Frauen aufmerksam machen“, bekräftige Borris.
Bereits zum vierten Mal fand am 25. November – Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen - die Aktion „Gewalt kommt nicht in die Tüte“ in der Landeshauptstadt Magdeburg statt, für die die Oberbürgermeisterin wieder die Schirmherrschaft übernommen hatte. Und auch zum vierten Mal nahm die Landesfrauensprecherin des SoVD Landesverbandes Mitteldeutschland Monika Lück an dieser Kundgebung teil.
Aus Anlass des Tages gegen Gewalt an Frauen wanderten in 60 Bäckereifilialen und Läden die bedruckten Brötchentüten über die Theken. In Kooperation des Netzwerke Frauenschutz Magdeburg und dem Soroptimist-Club Magdeburg wurde die Aktion organisiert. Auch das Frauenschutzhaus und die Frauenberatungsstelle Rückwind Bernburg e.V. beteiligten sich an der Aktion. Unterstützt wurde das Ganze in diesem Jahr auch vom Landesfrauenrat Sachsen-Anhalt und der Landeskoordinierungsstelle zivilgesellschaftlicher Akteurinnen und Akteure zur Umsetzung des Istanbul-Konvention – LIKO.
An der Aktion in diesem Jahr beteiligen sich nicht nur Bäckereien in Magdeburg, sondern die Aktion „Gewalt kommt nicht in die Tüte“ wurde in den Landkreisen Stendal und Jerichower Land erstmalig umgesetzt. Der Landkreis Börde führte die Aktion bereits zum zweiten Mal durch.
Die 60.000 Bäckertüten sind mit den jeweiligen Adressen der Beratungsstellen und Hilfsangeboten gegen Gewalt vor Ort bedruckt.
Nach der Kundgebung gingen alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer über den Domplatz zur Hubbrücke, um dort mit Transparenten, Bildern und Texten an die über 100 Frauen zu erinnern, die 2023 bundesweit Opfer von häuslicher Gewalt und durch Femizide getötet wurden.